Ich breche heute eines der letzten echten Tabus unserer Gesellschaft und zeige meine Verletzlichkeit und Verzweiflung am schmerzhaftesten Tag in meinem Leben. Ja, ich bin ein sehr schlechter Mensch für meine Schwäche, und schäme mich noch nicht einmal mehr dafür.
Ich schreibe nicht in ein abschließbares Tagebuch-“Buch“, sondern in ein Online-Blog. Denn ich möchte helfen, Geburt so zu zeigen, wie sie wirklich ist, und damit letzten Endes dazu beitragen, dass alle an der Geburt beteiligten in der Gesellschaft mehr respektiert werden:
Im Chinesischen besteht das Wort „Krise“ aus „Gefahr“ und „Chance“. Geburt und Tod liegen auch heute noch sehr nah beieinander.
Psychisch bedeutet eine Geburt immer den Tod der jungen Frau und ihre Rückkehr als Mutter.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Stell dir den Schatten vor am Tag eines absoluten Wunders.
Eine Geburt bedeutet große Veränderung.
Vor der Geburt meines Kindes kannte ich an mir keine Schwäche und keine Angst. Ich war ein unkomplizierter Mensch, man kannte mich als abgebrüht, rational, teilweise auch als kalt. Von einem Tag auf den anderen weinte ich wegen Sprüchen auf Geburtskarten.
Sie ist mit Sicherheit individuell. Und im Folgenden liest du meine individuellen Eindrücke und Erinnerungen.
„Ich kann nicht mehr!“, dachte ich während der Geburt, jammernd, flehend. Mein ganzes bisheriges Leben lang hätte ich mir so einen Gedanken niemals erlaubt, und jetzt war er einfach da. „Ich kann nicht mehr“ – früher nur eine billige Ausrede anderer Menschen – jetzt mein Begleiter während der Wehen.
Zusammen mit diesen Gedanken:
Schlimm genug, um zu denken:
Geburt und Wochenbett sind ein Entzug. Während der Schwangerschaft ist der weibliche Körper mit Hormonen geflutet. Das Ende der Schwangerschaft führt einen immensen Hormonabfall herbei, was bei der Mehrheit (!) der Mütter zu einem Stimmungstief, "Baby Blues", führt. Typische Symptome: Häufiges Weinen, unbegründete Angst und Wut, große Erschöpfung - trotzdem nicht einschlafen können.
Ein paar Einblicke in meine nachgeburtliche Psyche:
„Die Entscheidung für ein Kind ist folgenschwer. Sie bedeutet, dass dein Herz immer auch in einem anderen Körper schlagen wird.“ Elizabeth Stone
Heute weiß ich, wer geholfen hätte, hätten wir gefragt. Damals dachte ich noch, ich muss funktionieren, versuchte der selbsterfüllenden Prophezeiung "Ich muss alles alleine schaffen" zu entsprechen. Ich habe in der Elternzeit viele negative Glaubenssätze entdeckt und transformiert, im Zuge dessen entstand dieser Ratgeber: Die Prophezeiung über dich*.
Das Wochenbett ist die härteste Zeit im Leben.
Eine Frau ist nach der Geburt nicht sie selbst. Sie kann sich auch nicht „zusammenreißen“, es ist schlicht keine Kapazität dafür da. Natürlich stößt das Familie und Besucher vor den Kopf, denn dass es einer Frau nach der Geburt schlecht geht, das gehört zu den absoluten Tabuthemen in der Gesellschaft. Ich wiederhole nochmal: Die MEHRHEIT der Mütter leidet unter dem, was mit dem niedlichen Wörtchen „Babyblues“ bezeichnet wird.
Wenn du es dann aber gezwungenermaßen bist, kannst du dich selbst nicht leiden und stößt dein Umfeld vor den Kopf.
Die Wahrheit ist: Niemand ist so geschwächt und so empfindlich wie eine Mutter im Wochenbett.
Ich war eine frischgebackene Mutter, die keinen Besuch wünschte, nur wenige Stunden tolerierte, die sich gegenüber anderen Erwachsenen nicht zusammenreißen konnte, die schier ausgeflippt ist, wenn außer dem Baby noch irgendjemand irgendetwas von mir wollte.
Ich war zickig, habe Leute gefordert und vor den Kopf gestoßen. Weil es nicht anders ging. Es waren keine egoistischen „Entscheidungen“, es war alles, was ich konnte.
Ich war alles andere als perfekt, und habe aber vom ersten Moment an den immensen Druck gespürt, eine perfekte Mutter sein zu müssen. (Die ganze Welt sehnt sich nach der „perfekten Mutter“ - „perfekt“ und „Mensch“ passt aber nicht zusammen! Mehr zum Mutterkomplex der Menschheit hier, Kapitel 8.4*)
Durch das Mutter-Werden habe ich gelernt: Schwäche ist real. „Ich kann nicht mehr“ gibt es wirklich. Dieser Satz ist nicht immer nur eine billige Ausrede verachtenswerter Menschen.
*das sind Amazon Affiliatelinks von hp Werbeagentur
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